
TUM Mumbai Insights
Indien unter den Top-12-Standorten für Biotechnologie weltweit
14. Juli 2021
Der Biotech-Sektor hat sich in Indien zu einem der wichtigsten Industriezweige entwickelt. Sein Potenzial, zum Wirtschaftswachstum des Landes beizutragen und den Wohlstand und das Gesundheitsbewusstsein der mehr als eine Milliarde Menschen zählenden Bevölkerung zu steigern, ist enorm. Mit über 2.700 Biotech-Start-ups und mehr als 2.500 Biotech-Unternehmen bietet das Land ein hochmodernes und unternehmensorientiertes Ökosystem.

Die Biotechnologie hat einen großen Anteil an den Entwicklungen in den Bereichen Lebensmittel und Landwirtschaft, Ernährung, Gesundheitsversorgung, Umwelt und industrielles Wachstum in Indien. Der Biotech-Sektor umfasst fünf Hauptsegmente: Bio-Pharma, Bio-Agriculture, Bio-Industrial, Bio-IT und Bio-Services, die aus den Bereichen Clinical Research Organizations und Research Services bestehen.
Mit rund 62 Prozent erwirtschaftete die Biopharmazie 2019 den größten Beitrag zum Gesamtumsatz der indischen Biotech-Branche. Dahinter folgen die Bio-Services mit 18 Prozent und Bio-Agrarwirtschaft mit 14 Prozent. Die indische Bio-Dienstleistungsbranche ist auf dem besten Weg, sich zu einem führenden Standort für klinische Studien, Auftragsforschung und Produktionsaktivitäten zu entwickeln.
Bewerberansturm auf einen unaufhaltsam wachsenden Sektor
In den Vereinigten Staaten hat Indien 665 Produktionsstätten, die von der Food and Drug Association zugelassen sind. Der Anteil des Landes an den weltweiten verkürzten neuen Arzneimittelanträgen liegt bei 44 Prozent, und es gibt mehr als 1.400 WHO-konforme Herstellungsbetriebe.
Indien ist der größte Produzent des rekombinanten Hepatitis-B-Impfstoffs. Als führender Anbieter von Diphtherie-, Keuchhusten- und Tetanusimpfstoffen sowie von Bacillus Calmette-Guérin- und Masernimpfstoffen – sowie als Lieferant von 70 Prozent der WHO-Impfstoffe – spielt das Land auch eine Schlüsselrolle auf dem globalen Impfstoffmarkt. In Anbetracht dieser Stärken und Potenziale liegt Indien auf dem Global Innovation Index auf Platz 48. Mit all diesen Aktivitäten und Errungenschaften gehört das Land zu den zwölf besten Standorten der Welt und hat einen Anteil von etwa drei Prozent an der globalen Biotechnologie-Industrie.
Nach Prognosen von Experten wird die indische Biotech-Industrie bis zum Jahr 2025 einen Umsatz von 150 Mrd. $ erreichen - gegenüber 70 Mrd. $ im Jahr 2020. Angesichts der Größe der Branche interessieren sich viele Absolventen naturwissenschaftlicher Fächer dafür, einen Fuß in die Tür des lukrativen Biotech-Marktes zu bekommen und entweder für ein Biotech-Unternehmen zu arbeiten oder im akademischen Umfeld zu bleiben und sich der Forschung zuzuwenden.
Regierungsinitiativen ebnen den Weg für innovative Biotech-Lösungen
Das Department of Biotechnology (DBT) des indischen Ministeriums für Wissenschaft und Technologie ist eine der weltweit ersten Biotechnologie-Abteilungen, die von einer Regierungsinstitution geschaffen wurde. Der Fokus liegt auf der Entwicklung innovativer Lösungen für die Herausforderungen der Gesellschaft. Die DBT kann bereits große Erfolge in der Forschung vorweisen. Diese reichen von der Vorbeugung und Heilung schwerer Krankheiten bis hin zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Produktivität, der Entwicklung innovativer Lösungen für die nationalen Ernährungsbedürfnisse und einer sauberen Umwelt.

Mit der Einrichtung des Biotechnology Industry Research Assistance Council (BIRAC) hat das DBT eine Vorreiterrolle in der zukunftsweisenden Biotechnologieforschung übernommen. Es soll aufstrebende Biotechnologie-Unternehmen darin unterstützen, gezielte Forschung zu betreiben und Innovationen voranzutreiben. BIRAC bietet diesen Unternehmen Unterstützung von der Ideenfindung bis zur Markteinführung von Produkten und Technologien an. Die DBT und BIRAC haben bereits mehrere gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsprogramme mit verschiedenen Ländern und gemeinnützigen Organisationen in unterschiedlichen Bereichen der Biotechnologie ins Leben gerufen.
Aufbau der Infrastruktur zur Beschleunigung der Kommerzialisierung neuer Technologien
Die Regierung hat die Einrichtung von Gründerzentren und Life-Science-Clustern vorangetrieben. Darüber hinaus gibt es inzwischen neun Biotechnologie-Parks und vier Biotechnologie-Wissenschaftscluster in ganz Indien. Das Budget 2021/22 für die DBT beträgt 35 Milliarden indische Rupien - eine Steigerung von 25 % gegenüber dem Budget 2020/21. Mit dem neuen Etat hat Indien die Prioritäten auf neue Forschungsgründungen, Biotechnologie und Gesundheit ausgerichtet. Forschungsparks wurden gebaut, um die Kommerzialisierung neuer Technologien zu beschleunigen, aufstrebende Unternehmen zu unterstützen und neuen Unternehmen zu helfen, mit anderen Akteuren im Biotechnologiesektor zusammenzuarbeiten - einschließlich Forschungsinstitutionen und Regierungsorganisationen.
Der indische Biotechnologiesektor wurde auf Unternehmertum, Innovation und fortwährendem heimischem Talent aufgebaut. Mit der Vermehrung von Biotech-Gründerzentren soll wiederum die Forschung angekurbelt und das Wachstum von Start-ups gefördert werden.
Industrie und Wissenschaft fördern Biotech-Initiativen
Das Department of Biotechnology hat maßgeblich zur Stärkung des Biotechnologie-Sektors in Indien beigetragen, indem es seine Aktivitäten an Indiens Wachstumsagenda ausgerichtet und innovative Lösungen für die landesspezifischen Herausforderungen entwickelt hat. Zu den wichtigsten Initiativen des DBT gehören Swasth Bharat (Healthy India), Ayushman Bharat (Long-life India), Swatch Bharat (Clean India), Poshaan Abhiyan (National Nutrition Mission), Start-up India, Make in India und Skill India. Ein Beispiel für ein solches DBT-Projekt ist das 2017 gestartete Programm National Biopharma Mission mit dem Motto Innovate in India. Sein Ziel ist es, Industrie und Wissenschaft zusammenzubringen, um das Unternehmertum und die einheimische Produktion im Biopharma-Sektor zu fördern.

Die National Research Foundation (NRF) Indiens hat spezielle Fördergelder für biotechnologische Forschung im akademischen Bereich bereitgestellt. Der größte Teil der Forschung und Entwicklung wird in Indien in staatlichen Laboratorien, Wissenschafts- und Technologieinstituten und an den Universitäten durchgeführt. Es ist allerdings noch nicht entschieden, ob die NRF in das Ministerium für Wissenschaft und Technologie integriert oder zu einer eigenständigen Institution werden soll.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) begrüßt die Einrichtung des NRF in Indien auch deshalb, weil dadurch die Forschung an Universitäten in ganz Indien angekurbelt und die Ausbildung von Nachwuchsforschern gefördert werden soll. Die DFG arbeitet mit verschiedenen Regierungsinstitutionen wie dem Department of Science and Technology, dem Department of Biotechnology und der Indian National Science Academy sowie mit Forschungsgremien des Ministry of Human Resource Development zusammen. Für sie könnte sich daraus eine weitere Kooperationsmöglichkeit ergeben: Die Internationalisierungsstrategie des indischen Forschungssystems könnte nämlich noch weiter vorangetrieben werden – und das wäre für die TUM eine gute Gelegenheit, sich im dynamischen und vielversprechenden Biotech-Sektor Indiens zu engagieren.
Quellen:
- https://www.makeinindia.com/sector/biotechnology
- http://dbtindia.gov.in/about-us/introduction
- https://www.ibef.org/industry/biotechnology-india.aspx
- https://www.investindia.gov.in/sector/biotechnology
- https://www.orfonline.org/expert-speak/transforming-biotech-innovation-ecosystem/
- https://science.thewire.in/the-sciences/budget-big-bang-deals-for-st-but-scientists-still-worried-about-older-problems/
- https://cen.acs.org/policy/research-funding/India-prioritizes-new-research-foundation-biotech-and-health-in-new-budget/99/web/2021/03